Sprüche

Heiteres und Besinnliches, Bilder und Texte zum Nachdenken und Lachen.

Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh;
Er kam, er kam ja immer noch,
die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuss auf Schuss;
im Garten der alte Apfelbaum,
er sträubt sich, aber er muss.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei;
es bangt und sorgt: Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.

Theodor Fontane

Lebensweisheit

 

 

 

 

Wenn man zu oft zurückschaut, übersieht man die schönen Dinge, die vor einem liegen.

 

 

 

März

Im März

Es ist mir eben angetan,
Zwei schöne Augen sahn mich an,
Und in den süssen feuchten Schein
Blickt' ich zu tief, zu tief hinein.
Mir schwirrt der Kopf, mir glühn die Wangen,
Und nun kommt draussen der Lenz gegangen
Über die Hügel, über den Fluss,
Die Schwalbe zwitschert ihren Gruss,
Die Wolken ziehn und zwischendrein
Fliesset der lichte Sonnenschein,
Und aus dem klar vertieften Blau
Säuselt es linde, weht es lau,
Man meint, die Veilchen sind schon da.
Das ist ein sehnsuchtsvolles Weben,
Ein heimlich Locken und Leben
Allüberall, fern und nah.
Und du, mein Herz, wirst nie gescheidt,
Lässest so willig dich verführen,
Öffnest der Sehnsucht Tor und Türen;
Von Liebes-Freud und Leid
Singest du Lieder,
Und bist so froh, bist ganz so töricht wieder,
Als wie in deiner jungen Zeit.

- Emanuel Geibel, 1815-1884, deutscher Lyriker -